Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Forderungen der AG Mittelstand zur angekündigten Omnibus-Verordnung

Die AG Mittelstand begrüßt die Ankündigung der Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, in den ersten 100 Tagen der neuen Legislatur drei wichtige Rechtsakte zur Nachhaltigkeit, die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen (CS3D), die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und die Taxonomie-Verordnung, in einer sogenannten „Omnibus“-Verordnung zusammenzufassen. Die Veröffentlichung der Omnibus-Verordnung ist derzeit für den 26. Februar 2025 geplant.

Ausdrückliches Ziel ist es, den bürokratischen Aufwand durch Straffung und Vereinfachung doppelter sowie sich überschneidender Berichtspflichten in den genannten Rechtsakten zu verringern.

Indirekte Auswirkungen auf KMU ausschließen
In den genannten Rechtsakten sind (nicht-kapitalmarktorientierte) KMU zwar grundsätzlich von den Berichtspflichten ausgenommen. Die auf einem Wertschöpfungskettenansatz beruhende Systematik der Richtlinien führt allerdings dazu, dass KMU als Teil der Wertschöpfungsketten gleichwohl von ihren berichtspflichtigen Geschäftspartnern bzw. den Banken aufgefordert werden, die für die Berichterstattung und aufsichtsrechtlichen Offenlegungs- und Meldepflichten notwendigen Informationen bereitzustellen. Diese indirekte Erstreckung auf ausgenommene KMU entlang der Wertschöpfungskette muss eingeschränkt werden. Dazu muss in der Omnibus-Verordnung folgendes verankert werden:

  1. Eine faktische Einbeziehung von KMU in die für berichtspflichtige Unternehmen geltenden Berichtspflichten gilt es auf ein hinnehmbares Maß zu begrenzen. Zumindest ist ein derzeit auf freiwilliger Basis beruhender, spezieller, maximaler Berichtsstandard (VSME) rechtlich bindend festzulegen. Über diesen Standard darf für Berichtszwecke nicht hinausgegangen werden. Insbesondere muss der VSME in Artikel 29b (4) der CSRD als Value Chain Cap anstelle des LSME (Listed Small and Medium-sized Enterprises) verankert werden, der weit über die Anforderungen des VSME hinausgeht und für KMU nicht erfüllbar ist. Damit der VSME auch für Banken als Value Chain und Data Cap wirksam wird, sind Änderungen der Anforderung für deren Risikomanagement und Reporting festzuschreiben. Im Zuge dessen muss zudem hier oder im VSME selbst klargestellt werden, dass das Basis-Modul nicht nur für Kleinstunternehmen, sondern zumindest auch für Kleinunternehmen als ausreichend angesehen wird. Zudem sollten die CSRD-Berichtspflichten aufgeschoben werden und erst ab 2028 für den Berichtszeitraum 2027 gelten.'

  2. Die Notwendigkeit der sektorspezifischen Standards, die sich aus Artikel 29b (1.) ii CSRD ergeben, muss kritisch geprüft werden. Bei fehlender Notwendigkeit sollten diese aus der CSRD gestrichen werden.

  3. In der CS3D muss rechtlich belastbar festgeschrieben werden, dass ausgenommene KMU nicht die gleichen Anforderungen im Sinne eines „Value Chain Cut off“ erfüllen müssen. Um KMU spürbar zu entlasten, muss außerdem für rein europäische Lieferketten zumindest eine Vermutung gelten, dass Umwelt- und Menschenrechtsstandards eingehalten werden, da EU- und nationales Recht die internationalen ESG-Anforderungen, insbesondere aus Menschenrechtskonventionen, detailliert umsetzen und es hinreichende nationale Durchsetzungsmaßnahmen gibt. Eine Berücksichtigung in entsprechenden Passagen in Handelsabkommen kann ebenfalls erfolgen. Die Erfahrungen in der Umsetzung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes zeigen zudem, dass eine tiefere, über direkte Geschäftspartner hinausgehende Sorgfaltspflicht in den meisten Fällen nicht durchführbar ist. Insofern sollte eine klare Begrenzung der Sorgfaltspflicht erfolgen.

  4. Die in der CS3D vorgesehenen speziellen Haftungs- und Durchsetzungsregime sind in Anbetracht der Vereinheitlichung der Compliance-Prozesse – und die damit erforderliche Rechtssicherheit – kritisch zu überdenken.

  5. Die sich aus der Taxonomie ergebende Green Asset Ratio muss KMU gänzlich ausnehmen, um einen negativen Einfluss aufgrund der nicht möglichen Nachweisbarkeit der Nachhaltigkeit zu verhindern.

  6. Die EUDR muss auf Grund ihrer rechtlich-konstruktiven Nähe zur CS3D in die geplante Omnibus-Verordnung aufgenommen werden. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die CS3D einen lieferantenbezogenen Ansatz aufweist und die EUDR einen produktbezogenen. Hier gilt es, kluge Wege für eine technische und gleichzeitig bürokratiearme Lösung zu finden. Für Produktionsstaaten mit geringem Entwaldungsrisiko sollte eine Konformitätsvermutung hinsichtlich der relevanten Erzeugnisse gelten. Zumindest muss hier die Sorgfalts- und Dokumentationslast für Kleinunternehmen deutlich abgesenkt werden.
    Der nachfolgende Teilnehmer in der Wertschöpfungskette muss sich grundsätzlich auf den Einführenden und dessen Aussagen verlassen können und darf in der Folge keiner eigenen Sorgfaltspflicht unterliegen.

Vertrauensbasierten Politikansatz für KMU verankern
Es ist ein wichtiges und zentrales Signal, dass die EU-Kommission angekündigt hat, Bürokratie für KMU um 35% Prozent reduzieren zu wollen. Allerdings gibt es bislang keine konkreten Maßnahmen, die einen tatsächlich spürbaren Entlastungseffekt für die Betriebe bringen.
Die angekündigte Omnibusverordnung muss deshalb zwingend dafür genutzt werden, Bürokratie für KMU tatsächlich und spürbar zu reduzieren. Dazu sind in der Omnibus-Verordnung neben der Vereinheitlichung von Berichtspflichten und der Entlastung hinsichtlich der Sorgfaltspflichten auch weitere grundsätzliche und generelle Maßnahmen zu verankern, die KMU wesentlich entlasten:

  1. Wichtig ist, dass ein vertrauensbasierter Politikansatz verankert wird. Berichtspflichten müssen auf das absolute Mindestmaß reduziert werden. Jeder Datenpunkt muss kritisch geprüft werden, um die KMU-Berichterstattung auf das Notwendige und Machbare zu beschränken. Dies gilt beispielsweise auch für die Finalisierung des VSME durch die Europäische Kommission.

  2. Selbstbewertungen sollten weitgehend ermöglicht werden, um die bürokratischen Pflichten auf ein akzeptables Maß reduzieren.

  3. Im Sinne eines Vertrauensvorschusses sollten KMU von Vorabprüfungen bzw. Vorab-Zertifizierungen ausgenommen werden. Dies muss weitestgehend für KMU auch bei der geplanten Green Claims-Richtlinie gelten, sofern man auf die Green Claims-Richtlinie und den dadurch verursachten Bürokratieaufbau nicht vollständig verzichtet.

  4. KMU haben nur wenige Ressourcen, um neue Vorgaben kurzfristig umsetzen zu können. Für sie sollte daher generell in allen Rechtsakten eine längere Umsetzungsfrist vorgesehen werden. Um indirekte Auswirkungen während der Umsetzungsfrist zu vermeiden, muss während der Umsetzungsfrist auf Durchschnittswerte für KMU abgestellt werden dürfen. Darüber hinaus sollten auch abgestufte Umsetzungsfristen angedacht werden.