Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
(DEHOGA Bundesverband)


Am Weidendamm 1 A, 10117 Berlin
Fon 030/72 62 52-0, Fax 030/72 62 52-42
info​[at]​dehoga.de, www.dehoga.de


Hans Schneider, Vorsitzender des DEHOGA-Bundesausschusses für Berufsbildung, zur Neuordnung der gastgewerblichen Ausbildungsberufe

Anlässlich einer Anfrage von GVMANAGER teilte der DEHOGA mit:

In der neuen Ausbildungsverordnung wurden die Inhalte den Anforderungen der Zeit angepasst (Digitalisierung + Nachhaltigkeit). War dies Ihrer Meinung nach überfällig – oder lenkt es von anderen zentralen Themen der Ausbildung ab?

Der Schwerpunkt der Kompetenzen, die in der betrieblichen Ausbildung vermittelt werden, liegt im Fachpraktischen. Köche lernen in erster Linie professionelles Kochen, in den Serviceberufen liegt der Fokus auf Betreuung und Beratung von Gästen. Dazu kommen Querschnittsthemen wie Digitalisierung und ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit, aber auch z.B. Teamwork, Hygiene oder Gastorientierung. Letztere werden immer wichtiger und haben daher richtigerweise auch mehr Raum bekommen. Da lenkt aber nichts ab, sondern die verschiedenen Aspekte ergänzen einander. Zum Teil geht das eine auch gar nicht mehr ohne das andere. Das erfolgreiche Verkaufen von Hotelzimmern z.B. ist schon seit Jahren nicht möglich, ohne sich über digitale Vertriebskanäle Gedanken zu machen. In der Küche kann nicht wirtschaftlich gearbeitet werden, wenn Energie, Wasser oder Lebensmittel verschwendet werden. Für Jugendliche sind solche Themen wichtig, sie wollen einen sinnvollen und zukunftsfähigen Beruf. Wenn wir als Ausbildungsbetriebe attraktiv sein wollen, müssen wir uns auch mit zeitgemäßen Inhalten präsentieren.

Mussten Sie sich selbst weiterbilden, um die neuen Inhalte angemessen vermitteln zu können? Inwiefern kam da ein Mehraufwand auf Sie zu?

Ich bilde in meinem Landgasthof seit vielen Jahren Köche sowie Hotel- und Restaurantfachleute aus und werde das auch weiter tun. Wir gehen davon aus, dass wir durch die enorme Aufwertung des „Refa“ zum „Reva“, also den Fokus auf Veranstaltungen und Bar, Bewerber zukünftig besser für diesen Beruf begeistern können. Am 1. September hat in unserem Betrieb das erste Ausbildungsverhältnis als Fachkraft Küche begonnen, eine tolle Errungenschaft! Wir werden alles daransetzen, dem Azubi anschließend die Weiterqualifizierung zum Koch zu ermöglichen.

Die Inhalte, die die neuen Ausbildungsrahmenpläne vorgeben, können wir im Betrieb gut vermitteln. Über neue Entwicklungen informiere ich mich ohnehin ständig, sonst könnte ich meinen Betrieb nicht erfolgreich führen, und was an Aktuellem für meine Azubis wichtig ist, gebe ich auch an die Ausbilder und Azubis weiter. Wir haben aber natürlich die betrieblichen Ausbildungspläne angepasst, insbesondere was die Einsatzzeiten in den verschiedenen Bereichen angeht.

Jeder Ausbildungsbetrieb hatte in den letzten Monaten die Aufgabe, sich über die Neuerungen zu informieren und zu überlegen, wie er sie konkret betrieblich umsetzt. Das gilt insbesondere auch mit Blick auf die gestreckte Abschlussprüfung. Ohne Zeitaufwand war und ist das nicht zu machen. Der DEHOGA hat hierbei durch die Webseite www.dehoga-ausbildung.de und zahlreiche Infoveranstaltungen und Einzelberatungen unterstützt und steht dafür auch weiter zur Verfügung. Auch die IHKs beraten

Wie denken Sie, wird sich die Möglichkeit, zwischen zwei und dreijähriger Ausbildung zu springen, auf die Motivation der Lehrlinge auswirken? Was halten Sie davon?

Das substanziell Neue ist ja zum einen, dass wir jetzt erstmals überhaupt einen zweijährigen Ausbildungsberuf für die Küche haben. Das eröffnet Chancen für junge Menschen, die bisher nicht oder schwer mit Aussicht auf Erfolg hätten ausgebildet werden können. Das halte ich für außerordentlich wichtig sowohl für die Branche als auch für Jugendliche mit Lernschwächen oder sprachlichen Defiziten.

Was das Verhältnis der zwei- und dreijährigen Berufe zueinander angeht – in Küche und Gastro –, so kann jetzt nicht mehr nur die Zeit angerechnet werden, sondern auch die Prüfungsleistung. Das wirkt motivierend, weil es von Anfang an auf Einsatz und Leistung ankommt. Sehr gut finde ich auch, dass das System so flexibel ist. Azubi und Ausbildungsbetrieb verabreden gemeinsam, ob die Ausbildung nach dem ersten Abschluss fortgesetzt wird, wann und in welcher Zeit.

Extrem innovativ ist auch die sog. Rückfalloption, also die Möglichkeit, dass Azubis, die ihre dreijährige Abschlussprüfung nicht schaffen, unter bestimmten Voraussetzungen den Abschluss als Fachkraft Küche bzw. Fachkraft für Gastronomie erhalten.

Wie werden Sie den Auszubildenden Zugang zu den Zusatzqualifikationen ermöglichen? Wie kann man jemanden z. B. zum veganen Koch weiterbilden, wenn solche Gerichte im eigenen Betrieb kaum verkauft werden?

Nur Ausbildungsbetriebe, die die für die Zusatzqualifikationen vorgesehenen Inhalte betrieblich vermitteln können, können die Zusatzqualifikationen anbieten. Der Betrieb entscheidet, auf welche Weise er die Inhalte vermittelt. Da kann also auch z.B. ein externes Seminar zum Thema Weinanbaugebiete oder eine Produktschulung eines Lieferanten zu Fleischersatzprodukten integriert werden. Aber in aller Regel macht das Angebot einer ZQ nur für Betriebe Sinn, wo diese auch zum Geschäftsmodell passt. Sonst kann man ja die acht Wochen betriebliche Ausbildungszeit dafür gar nicht sinnvoll füllen.

Ob wir im Hotel-Landgasthof Riesengebirge die ZQ anbieten, beraten wir gerade noch intern. Als Tagungs- und Businesshotel bieten wir seit Jahren vegetarische und vegane Gerichte an und haben in allen Wahlmenüs und Buffets vegetarisch/vegane Bestandteile Die Nachfrage und das Ernährungsbewusstsein der Gäste fordern dies eindeutig ein. Die Herausforderung liegt jedoch darin, dass auch viele theoretische Inhalte betrieblich vermittelt werden müssen, da es ja leider keinen Rahmenlehrplan der Berufsschule zu den ZQs gibt.

Auszubildende werden ab sofort zu Führungskräften ausgebildet. Halten Sie das für angemessen, oder ist es vorschnell – weil z. B. nicht jeder Lehrling wünscht, eine Führungsrolle einzunehmen?

Auszubildende werden nicht zu Führungskräften ausgebildet! Das Ziel der Ausbildung sind Fachkräfte, die für ihren Berufseinstieg gut gerüstet sind. Welche ersten Funktionen sie dann als Berufseinsteiger ausüben und wie sie sich dann über Berufserfahrung und Weiterbildung weiterentwickeln, entscheidet sich erst nach der Ausbildung. Natürlich wird nicht jede Fachkraft auch Führungskraft. Viele wollen die damit verbundene Verantwortung nicht tragen oder haben andere Prioritäten. Das ist auch vollkommen in Ordnung – wir brauchen in der Branche auch qualifizierte Fachkräfte außerhalb von Führungspositionen.

Wir stellen jedoch in den letzten Jahren mehr und mehr fest, dass viele junge Fachkräfte schon relativ kurz nach der Ausbildung und ohne z.B. einen Meister oder eine Hotelfachschule absolviert zu haben, erste Aufgaben bei Anleitung und Führung übernehmen. Sei es eine Schichtleitung, sei eine Patenschaft für die nächste Azubi-Generation, sei es das Anleiten von ungelernten Aushilfen. So etwas kann man nicht, wenn man nie gelernt hat, wie es geht. Wir haben im Gastgewerbe rund 40 % Beschäftigte in sog. „Helfertätigkeiten“, mit steigender Tendenz. Das ist ziemlich einzigartig im Branchenvergleich und führt dazu, dass Fachkräfte eine andere Rolle haben als z.B. in der Industrie. Darauf, nicht mehr und nicht weniger, zielt die neue Berufsbildposition „Anleitung und Führung von Mitarbeitenden“ ab.