Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
(DEHOGA Bundesverband)


Am Weidendamm 1 A, 10117 Berlin
Fon 030/72 62 52-0, Fax 030/72 62 52-42
info​[at]​dehoga.de, www.dehoga.de


DEHOGA Geschäftsführerin Sandra Warden zur aktuellen Arbeitsmarkt-Lage

Anlässlich einer Anfrage der NOZ teilte der DEHOGA mit:

In den vergangenen Corona-Jahren hat die Gastronomie einen enormen Personalschwund erfahren. Wie ist die Lage aktuell? Haben Betriebe einen Teil zurückgewinnen können?

Sandra Warden: Seit Ende der Corona-Einschränkungen konnten die Betriebe glücklicherweise viele Mitarbeiter neu einstellen und auch zurückgewinnen. Seit März liegen wir wieder stabil bei über einer Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die letzten offiziellen Zahlen sind von Mai, da lag die Branche bei 5,2 % weniger Beschäftigten als 2019. Über den Sommer dürfte sich das weiter angeglichen haben. Wir haben das Vorkrisenniveau aber noch nicht wieder erreicht und mit der Energiekostenexplosion steht ja jetzt die nächste Krise, die wahrscheinlich auch wieder Auswirkungen auf die Beschäftigung haben dürfte, schon in der Tür. Und der demografische Wandel, der die Hauptursache für den Arbeitskräftemangel ist, macht ja auch keine Ruhepause. Also: Arbeitskräftesicherung wird ein Dauerthema bleiben.

Mit welchen, möglicherweise zusätzlichen Anreizen versuchen Betriebe, Mitarbeiter zu gewinnen bzw. zurückzugewinnen?

Sandra Warden: Viele Betriebe sind sehr innovativ beim Recruiting. Die Ideen sind nahezu unerschöpflich und reichen von Wohnungsangeboten über Kinderbetreuung bis zu neuen Arbeitszeitmodellen. Wichtig ist, dass die Anreize zum Betrieb passen. Auch Ideen, die vielleicht den meisten etwas schräg erscheinen, können erfolgreich sein, wenn ich damit genau die Mitarbeiter anspreche, die zu meinem Betrieb passen. Nicht unterschätzen darf man auch Faktoren wie ein vertrauensvoll zusammenarbeitendes Team sowie Wertschätzung und Anerkennung. So etwas spricht sich herum. Natürlich spielt auch Geld eine nicht unerhebliche Rolle. Die Vergütungen in der Branche sind in diesem Jahr deutlich angestiegen, wir haben fast überall neue Tarifverträge mit zweistelligen Steigerungsraten.

Was aber wirklich wichtig ist: Gastronomie und Hotellerie können sichere Arbeitsplätze nur bieten, wenn Unternehmern wie Mitarbeitern Planungssicherheit gegeben wird. Wir sind eine starke Branche, Urlaub in Deutschland ist beliebter denn je und auch als Tagungs- und Kongressstandort sind wir führend. Wir bieten Arbeits- und Ausbildungsplätze mit Zukunft. Voraussetzung ist aber, dass die Betriebe dauerhaft unter wirtschaftlich tragfähigen Bedingungen arbeiten können.

Wird aufgrund von Personalmangel verstärkt die Öffnungszeit verkürzt bzw. zusätzliche Ruhetage eingeführt? Gibt es eine Schätzung, wie hoch der Anteil der Betriebe ist, die das betrifft?

Sandra Warden: Zahlen liegen uns dazu nicht vor. Wir wissen jedoch, dass viele Betriebe sich gezwungen sahen, Öffnungszeiten zu verkürzen, Ruhetage einzuführen oder das Angebot der Speisekarte zu minimieren. Weil es an Mitarbeitern fehlt, müssen bedauerlicherweise zum Teil auch Veranstaltungen abgelehnt werden. Wie die Betriebe auf den Fach- und Arbeitskräftemangel reagieren, ist abhängig von Standort und Konzept.

Preissteigerungen und Inflation treffen auch die Gastronomie. Einige Restaurants in unserer Region sind dazu übergegangen, ein "Eintrittsgeld" zu verlangen. Ist das ein bundesweiter Trend?

Sandra Warden:
Laut einer DEHOGA-Umfrage von Anfang Oktober, an der sich 3.850 Mitglieder beteiligt haben, betrachten 66,1 Prozent die Kostenentwicklung im Bereich Energie als existenzbedrohend. Das sind dramatische Zahlen. Natürlich verändern stark steigende Kosten, wie wir aktuell außer bei Energie auch z.B. bei Lebensmitteln und Personal haben, die Kalkulationsgrundlage und haben Einfluss auf die Preise. Wir können allerdings nicht bestätigen, dass es sich bei „Eintrittsgeld“ in Restaurants um einen Trend handelt. Dabei gilt es ja auch, rechtliche und steuerliche Vorgaben zu beachten. Die Kalkulation der Preise und deren Zusammensetzung ist eine individuelle Entscheidung des Unternehmers. Wichtig ist, bei solchen Entwicklungen den Gast mitzunehmen, zu informieren, um Verständnis zu werben. Die allermeisten können ja unsere schwierige Situation auch nachvollziehen, da sie selbst von der Inflation betroffen sind.

Die steigenden Lebenshaltungskosten sorgen dafür, dass in vielen Haushalten das Geld knapp wird. Verzeichnet die Gastronomie verstärkt Bewerbungen für "Zweitjobs" und rechnen Sie in den kommenden Wochen und Monaten verstärkt mit solchen Bewerbungen?

Sandra Warden:
Bis uns dazu Daten vorliegen, wird noch einige Zeit vergehen. Die Gastronomie ist aber eine ideale Branche, um sich etwas dazuzuverdienen. Die Arbeitszeiten können sehr flexibel und individuell abgestimmt werden. So passt für viele Menschen der Nebenjob in der Gastronomie perfekt mit den Bedürfnissen des Hauptjobs, der Familie oder privater Interessen zusammen. Und eine lebendige, kommunikative Abwechslung zum Schreibtischjob ist ja bei vielen Menschen auch sehr willkommen. Seit dem 1. Oktober dürfen ja 520 Euro im Minijob dazuverdient werden, für die Arbeitnehmer abgabenfrei.

Auch bei Unternehmen sitzt das Geld nicht so locker wie vielleicht in manch anderen Jahren und die Zeit der Weihnachtsfeiern beginnt bald. Gibt es verstärkt Stornierungen von Weihnachtsfeiern bzw. deutlich weniger Buchungen als in vergangenen Jahren? Oder rechnen Sie damit?

Sandra Warden: Zu der Buchungslage im Hinblick auf Weihnachtsfeiern liegen uns noch keine Daten vor.