Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
(DEHOGA Bundesverband)
Am Weidendamm 1 A, 10117 Berlin
Fon 030/72 62 52-0, Fax 030/72 62 52-42
info[at]dehoga.de, www.dehoga.de
Rede von Stefan Schmidt MdB,BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Auszüge aus dem Plenarprotokoll zum Antrag der Linksfraktion "Steuererhöhungen Gas, Fernwärme und Gastronomie" vom 21. September:
[...] "7 Prozent – davon träumt Die Linke Tag und Nacht. Anscheinend deshalb hat sie die Mehrwertsteuer für die Gastronomie zusammen mit der Mehrwertsteuer für Gas und Fernwärme in einen Antrag geworfen. Es würde erklären, warum die Argumentation in Bezug auf die Gastronomie ein bisschen auf der Strecke geblieben ist. Aber von Anfang an. Die Linke fordert, die 7 Prozent in der Speisegastronomie beizubehalten. Ja, ich kann diese Forderung nachvollziehen. Restaurants und Wirts- häuser haben harte Zeiten hinter sich: erst Corona mit langen Schließzeiten und Umsatzeinbußen, dann die stark gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel. Wir haben die Mehrwertsteuer für Essen in Gaststätten von 19 auf 7 Prozent gesenkt und bis Ende dieses Jahres verlängert. Das hat den Betrieben wieder auf die Beine geholfen. Auch in Zukunft hätte die reduzierte Mehrwertsteuer positive Effekte, keine Frage. Die Gastronominnen und Gastronomen müssten die Preise nicht anheben. Vor allem als Tourismuspolitiker sehe ich, wie sinnvoll die reduzierte Mehrwertsteuer für die Gastronomie wäre. Die Argumentation der Linken überzeugt mich trotzdem nicht. Ich zitiere: "Es ist … zu befürchten, dass mehr als 100 Prozent der Erhöhung an die Kunden weitergegeben werden – etwa durch das Einhalten psychologischer Preisgrenzen oder die bloße Margenausweitung unter dem Schleier der sowieso entstehenden Preiserhöhung." Das ist schon harter Tobak. Sie werfen der Branche vor, dass sie die Steuererhöhung gleich mal dazu nutzt, die Preise ordentlich aufzurunden und sich die eigenen Taschen vollzumachen. Und nachdem Sie den Betrieben erst Profitgier unterstellt haben, reden Sie ihnen gleich wieder nach dem Mund. Sie befürchten nämlich – so geht der Antrag weiter – ein "Insolvenzrisiko für zehntausende Betriebe". Diese Schwarzmalerei der Branche halte ich für überzogen. Laut aktueller Studie des ifo-Instituts haben sich in deutschen Großstädten die Gastronomieumsätze nach dem Lockdown in der Coronapandemie erholt und liegen aktuell inflationsbereinigt deutlich über dem Vorkrisenniveau. Die Studie spricht von einem – ich zitiere – "hohen Stellenwert der Gastronomie" für viele Menschen. Ja, die Forschungsergebnisse beziehen sich nur auf deutsche Großstädte. Trotzdem bitte ich Sie: Hören Sie endlich auf, die Gastronomie in Deutschland totzureden! Die Gastronomie und der Tourismus haben nach den vielen Krisen wieder ordentlich an Fahrt aufgenommen. Die Menschen hierzulande, die Gäste von außerhalb, wir alle schätzen die Gastronomie sehr. Deshalb werden wir in den Haushaltsverhandlungen ganz genau schauen, welche finanziellen Spielräume wir haben, um die Steuerermäßigung fortzuführen, und ich hoffe, dass wir sie finden. Vielen Dank."
"Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie: Grüner Bundestagsabgeordneter Stefan Schmidt im Gespräch mit Wirten und Fachverband", Pressemitteilung vom 02.08.2023:
"Bei der Debatte um die Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie müssen wir neben den unmittelbaren Folgen für den Bundeshaushalt unbedingt auch die sozialen Auswirkungen und wirtschaftlichen Folgekosten ganz genau abwägen", sagt Stefan Schmidt, Oberpfälzer Grünen-Bundestagsabgeordneter, bei einem Besuch in der Gaststätte Röhrl in Eilsbrunn. "Wirtshäuser tragen maßgeblich zur kulturellen Vielfalt bei und sind in so manchem Dorf auch der letzte verbleibende soziale Treffpunkt. Auch bei der Ausbildung und Beschäftigung spielt die Gastronomie eine wichtige Rolle in unserer lokalen Wirtschaft." Auf Einladung von Karin und Muk Röhrl hat sich Schmidt mit lokalen Gastronominnen und Gastronomen und Branchenvertreterinnen und Branchenvertretern zu einem Austausch getroffen, darunter Karl von Jena vom Café Anna in Regensburg und Straubing, Anton Sperger, Wirt des Spitalgartens Regensburg und DEHOGA Kreisvorsitzender sowie Andrea Kramer und Dr. Thomas Geppert von der DEHOGA Bayern.
Die künftige Höhe der Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie elektrisiert in diesen Tagen und Wochen die Wirtinnen und Wirte in ganz Deutschland. Die Gastronominnen und Gastronomen aus Regensburg unterstrichen bei dem Austausch, dass ein Zurück zum regulären Umsatzsteuersatz von 19% in der aktuellen Situation eine bedeutende finanzielle Belastung darstellt. Anton Sperger, einer der anwesenden Wirte, erklärt: "Nach den aktuellen Kostensteigerungen durch höhere Personalkosten, Energie- und Einkaufspreise ist eine Weitergabe der drohenden Mehrwertsteuererhöhung an unsere Gäste unumgänglich - weitere Umsatzeinbußen und Betriebsschließungen drohen, wenn in der Folge Gäste ausbleiben."
Schmidt kann als tourismuspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion die Bedenken der Branche gut nachvollziehen. Er hat bei dem Treffen versichert, dass er für die Anliegen der Branche gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen im Bundestag nach Lösungsansätzen suchen wird. Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine abzumildern, wurde die Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie 2020 zeitlich befristet von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Die Maßnahme wurde mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende 2023.
Offene Antwort auf den offenen Brief von Regensburger Gastronom*innen
Offene Antwort auf Ihren offenen Brief vom 26.06.2023 – „Dringendes Anliegen der Regensburger Gastronomen an Bundestagsabgeordneten Stefan Schmidt: „Wir brauchen dringend eine Entfristung der reduzierten Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie“
Sehr geehrter Herr Huynh, lieber Phuc,
sehr geehrte Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des offenen Briefes,
vielen Dank für Ihren offenen Brief vom 26. Juni 2023 zur Forderung nach einer Entfristung der reduzierten Mehrwertsteuer für die Speisegastronomie. Mit Verwunderung habe ich ihn zur Kenntnis genommen. Verwundert war ich nicht nur deshalb, weil mich der Brief nur einen Tag vor meinem Besuch bei der DEHOGA Oberpfalz anlässlich des „Oberpfälzer Powertag“ am 27. Juni erreicht hat, wo wir Gelegenheit zum persönlichen Austausch zur Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie hatten. Ich war auch deshalb verwundert, weil ich in Ihrem Brief einige Verkürzungen und falsche Behauptungen gefunden habe, die ich in meinem Antwortschreiben gerne berichtigen möchte.
Ich kann Ihre Sorgen, Bedenken und Ängste nachvollziehen, die Sie angesichts der auslaufenden Steuerreduzierung haben. Als Tourismuspolitiker liegt mir das Wohl und die Zukunftsfähigkeit der Betriebe sehr am Herzen. Erfolgreicher Tourismus in Deutschland und in Bayern, insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen, sind eine der Motivationen meiner tourismuspolitischen Arbeit. Entsprechend richtig und wichtig war es mir, während der Krisenzeit der Corona-Pandemie und der explodierenden Preise für Energie und Lebensmittel die Mehrwertsteuer für die Speisegastronomie auf 7 Prozent zu reduzieren. Damit haben wir die Unternehmen gezielt gestärkt. Ich sehe auch, dass es durchaus Argumente gibt, die dafür sprechen, Essen in der Gastronomie dauerhaft mit dem reduzierten Satz zu besteuern. Vor allem mit Blick auf Restaurants und Wirtshäuser außerhalb der Tourismus-Hotspots: Ein attraktives Reiseziel braucht eine gute Versorgung mit Gastronomie vor Ort und dabei hilft auch eine dauerhaft reduzierte Steuer.
Das habe ich in aller Ausdrücklichkeit auch in meiner Bundestagsrede im März 2023 zu einem Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion deutlich gemacht.(1) Die Rede, auf die Sie in Ihrem offenen Brief teilweise eingehen. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie meine vollständige Rede zur Kenntnis genommen hätten.
Gleichzeitig spreche ich mich in eben dieser Rede entgegen Ihrer Darstellung nicht dafür aus, die Mehrwertsteuer für die Speisegastronomie auf 19 Prozent zu erhöhen. Ich stelle lediglich infrage, ob es geboten ist, auf die Steuereinnahmen in Höhe von ca. 3,3 Milliarden Euro pro Jahr – die sich Bund und Länder etwa hälftig teilen – zu verzichten und ob wir uns das leisten können. Angesichts der angespannten Haushaltslage und der Entscheidung von Bundesfinanzminister Christian Lindner, an der Schuldenbremse festzuhalten, sind diese Fragen meiner Ansicht nach mehr als berechtigt. In der Rede zeige ich mich ausdrücklich offen dafür, die reduzierte Mehrwertsteuer zu verlängern, sofern wir die wichtigsten Projekte finanziert bekommen und Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.
Dass Ihre Unternehmen infolge der Corona-Pandemie, der Mindestlohnerhöhung und der steigenden Energie- und Lebensmittelpreise mit Kostensteigerungen konfrontiert waren und sind, weiß ich. Ich sehe auch ein, dass das Auslaufen der reduzierten Mehrwertsteuer zum Jahresende zu weiteren Kostensteigerungen für Ihre Gäste führen würde. Das finde ich sehr bedauerlich. Gleichzeitig möchte ich daran erinnern, dass die Bundesregierung infolge der Corona-Pandemie und der Folgen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zusätzlich zur reduzierten Mehrwertsteuer für die Speisegastronomie Kredite und Hilfspakete in Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro an Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger verteilt hat, u.a. in Form von Energiepreisbremsen oder der Abschaffung der EEG-Umlage. Andere EU-Länder mögen einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für die Speisegastronomie haben – Hilfen in diesem Umfang hat aber kein anderes EU-Land seinen Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung hatte und hat die schwierige Situation der Unternehmen inkl. der (Speise-)Gastronomie sehr wohl im Blick!
An dieser Stelle möchte ich zwei Falschbehauptungen in Ihrem Schreiben richtigstellen:
1. Die Mindestlohnkommission hat am 26. Juni empfohlen, den Mindestlohn zum 1.1.24 auf 12,41 Euro und zum 1.1.25 auf 12,82 Euro anzuheben. Es ist gut, dass diese Empfehlung frühzeitig gemacht wurde. So haben die Unternehmen und die Beschäftigten Planungssicherheit und können sich rechtzeitig darauf einstellen. Ernsthafte Diskussionen über eine Mindestlohnerhöhung auf 14-15 Euro hingegen kenne ich nicht.
2. Dass der Preis für ein Bier bald auf mindestens 8 Euro klettern könnte, wie Sie in Ihrem Brief schreiben, kann nicht an der auslaufenden reduzierten Mehrwertsteuer liegen. Denn für Bier wird bereits der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent erhoben.
Eine finale Entscheidung zur Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie wird es voraussichtlich schon nächste Woche geben, wenn das Kabinett den Haushaltsentwurf für 2024 beschließen wird. Ich kann nur hoffen, dass die Entscheidung dann final getroffen wird, damit Sie frühzeitig Planungssicherheit für das kommende Jahr haben.
Zum Schluss meines Briefes möchte ich auf einen Punkt eingehen, der mir persönlich sehr wichtig ist: Ich nehme die Ängste und Sorgen der Menschen und Unternehmen in meinem Wahlkreis sehr ernst. Ich bemühe mich sehr, Mails und Anfragen zeitnah und umfassend zu beantworten. Für persönliche Gespräche stehe ich regelmäßig zur Verfügung. Erst am Abend des 26. Juni habe ich eine Bürgersprechstunde in meinem Wahlkreisbüro in Regensburg angeboten, zu der ich breit auf meinen Social-Media-Kanälen und auf meiner Homepage eingeladen habe. Dem persönlichen Gespräch beim „Oberpfälzer Powertag“ habe ich mich gerne gestellt – wohlwissend, dass es nicht einfach werden würde.
Daher bitte ich Sie: Sollten Sie künftig Anliegen an mich oder Gesprächsbedarf haben, freue ich mich, wenn Sie den direkten Draht und das persönliche Gespräch suchen. Dafür stehe ich jederzeit gerne bereit. Und ich wünsche ihn mir sogar ausdrücklich! Der weitere Umgang mit der Mehrwertsteuer ist eine wichtige Entscheidung für die Gastronomie, keine Frage. Aber auch andere Felder, die ich in meiner Rede beim „Oberpfälzer Powertag“ angerissen habe, erscheinen mir wichtig für die Erörterung mit den betroffenen Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Arbeits- und Fachkräftesicherung und den Bürokratieabbau.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Schmidt, MdB